Geboren, um ein Zeichen zu setzen
Am 24. Februar 1955 kam er als Sohn einer Amerikanerin und eines syrischen Politikstudenten zur Welt, die ihn zur Adoption freigaben. Ihre Bedingung war es, dass ihr Sohn von Akademikern groß gezogen würde. Das hätte die Adoption durch Reinhold, einem Maschinisten der Küstenwache, und seiner Frau Clara Jobs aus Palo Alto, Kalifornien fast verhindert. Erst als die zukünftigen Eltern garantierten, dass sie dem Sohn eine Ausbildung an der Universität ermöglichen würden, stimmte die leibliche Mutter der Adoption zu.
So wuchs Steve unter Apfelbäumen in einem Teil San Franciscos auf, der später als Silicon Valley bekannt wurde.
In der Schule fiel er durch kritische Fragen gegenüber dem Pastor auf und verleitete seine Mitschüler dazu, ihm die Nummernkombinationen ihrer Vorhängeschlösser preiszugeben, die er danach vertauschen und ihre Fahrräder bewegungsunfähig machen konnte. Schon in jungen Jahren muss ihm eine gute Portion Überzeugungskraft innegewohnt haben, für die er später erinnert würde.
Mit 15 fängt Steve an, regelmäßig Marihuana zu rauchen. An der Homestead High School lernt er 1972 Chrisann Brennan, die Mutter seiner Tochter Lisa kennen, die 1978 geboren wird. Zusammen kampieren sie in einer Hütte im kalifornischen Hinterland. Sie malt, er spielt Gitarre, beide nehmen LSD-Trips und treten bei Gelegenheit auch zur Belustigung von Kindern in einem Einkaufszentrum auch in Ganzkörperkostümen aus Alice im Wunderland auf.
Steve blieb zeit seines Lebens davon überzeugt, dass es absolut notwendig sei, der eigenen Überzeugung zu folgen und sich nicht durch die Meinung anderer verunsichern zu lassen.
Über Indien zu Apple
Am Reed College in Portland beginnt Steve das Studium, das für seine leibliche Mutter so wichtig gewesen war. Er verliert aber schnell das Interesse und beendet schon 1973 seine akademische Laufbahn ohne Abschluss.
Nur ein Kalligrafie-Kurs kann ihn nachhaltig begeistern, weckt sein Interesse an Design und wird sich noch als wertvoll erweisen. Die Vielzahl an Schrifttypen, die heute in allen Textanwendungsprogrammen Standard ist, wären nicht denkbar, hätte der zukünftige Unternehmenschef nicht von vornherein darauf bestanden, sie in großem Variantenreichtum dort zu implementieren.
Der 19-Jährige fängt an, für Atari zu arbeiten, um Geld zu verdienen. 1974 macht er sich auf eine Reise nach Indien, wo er den Guru Shri Neem Karoli Baba in seinem Ashram aufsuchen will. Er durchwandert Teile des Landes und reist mit dem Bus von Neu Delhi über Uttar Pradesh nach Himachal Pradesh. Wie auch die Beatles, die er später als Vorbilder seines Geschäftsmodells bezeichnet, sucht er in Indien nach spiritueller Erleuchtung.
Stattdessen geht dem jungen Suchenden in den dunklen Nächten im indischen Bergland eher ein anderes Licht auf. Wie er später sagt, erkennt er dort, dass Thomas Edison vielleicht viel mehr getan habe, um die Welt zu verbessern, als Karl Marx und Neem Karoli Baba zusammen.
Bei seiner Rückkehr in die USA kündigt er bei Atari und beginnt mit seinem alten Schulfreund Steve Wozniak in einer Garage an Computern zu tüfteln. Wozniak hat den Homebrew Computer Club gegründet, entwickelt findig illegale Methoden, kostenfreie Ferngespräche zu führen und verkauft Geräte an Computerfreaks, die immerhin in der Lage sind, ein Motherboard mit einer Tastatur oder einem Netzteil zu versehen. Sein Freund erkennt, dass es eine weitaus größere Zahl von Computerinteressierten gibt, für die es lohnt, einen Kompaktcomputer zu entwickeln, für dessen Inbetriebnahme keine Vorkenntnisse gefragt sind. Diesen Computer soll Wozniak entwickeln.
Steve verkauft seinen alten VW-Bus und gründet mit nur 1.000 Dollar am 1. April 1976 gemeinsam mit Wozniak und Ronald Wayne eine Firma, die er als Anleihe an sein Hauptnahrungsmittel und Isaac Newton „Apple Computer Company“ nennt.
Auf einer Computermesse stellt das Unternehmen 1977 den Apple II vor, von dem schon im Jahr darauf 30.000 Exemplare verkauft werden. Steve, dem langhaarigen Frutarier, der vorwiegend barfuß läuft und einen langen Bart trägt, gelingt es dank seiner Eloquenz und seines Verkaufstalents, das notwendige Investmentkapital aufzutreiben. Schwarze Rollkragenpullover und Jeans sind bereits Jobs Standardoutfit. Schon 1980 macht das Unternehmen einen Umsatz von 118 Millionen Dollar und geht an die Börse.
Mit einem Computer für den Hausgebrauch, den auch Laien mit der handlichen Mouse und dank der grafischen Benutzeroberfläche bedienen können, wird der Macintosh 1984 ein Welterfolg und Jobs nimmt mit seinem Unternehmen ganz offiziell den Kampf gegen den scheinbar allmächtigen Kontrahenten IBM auf.
1984 dreht der Regisseur Scott Ridley, der kurz zuvor mit dem Science-Fiction „Blade Runner“ für Furore sorgte, einen Werbespot für das Unternehmen, der publikumswirksam während der Super Bowl ausgestrahlt wird. Der Clip warnt vor IBM, allgemein „Big Blue“ genannt, indem er den übermächtigen Computerkonzern mit dem allmächtigen „Big Brother“ aus George Orwells klassischer Dystopie „1984“ gleichsetzt. Im Spot wird nicht für Apples Produkte geworben. Die Marke wird als Gegenkultur inszeniert. Jobs, als Leiter des Unternehmens, übernimmt damit erklärtermaßen die Führungsrolle für eine neue Generation der digitalisierten Menschheit.
Die allererste Video-Werbung von Apple (1984)
Von Apple zu Pixar und NeXT
John Sculley, der durch Jobs abgeworbene Pepsi-Vorstand, wird zum Stolperstein für den Mann, der ihn selbst noch davon abgehalten hatte, sein Leben lang „Zuckerwasser zu verkaufen“. Sculley legte dem Apple-Vorstand die Unternehmensbilanzen vor, aus denen hervorging, dass Steve rein nach Bauchgefühl Investitionen für neue Entwicklungen tätigte, die sich das Unternehmen faktisch gar nicht leisten konnte. Der Unternehmensgründer wird daraufhin 1985 gezwungen, das Unternehmen zu verlassen und verkauft voller Abscheu auch alle seine Aktien daran.
Nur fünf Mitarbeiter folgen dem gefeuerten einstigen Chef und unterstützen ihn beim Aufbau der Firma NeXT. NeXT Computer produziert hochwertige und wegweisende Hardware, die aber zu teuer ist, als dass sie auf dem Konsumgütermarkt für Umsatz sorgen könnte. Daher spezialisiert sich NeXT schon bald auf die Softwareentwicklung. Wesentliche Unternehmensanteile werden an den Investor Canon verkauft.
Finanziell bei Weitem erfolgreicher ist das Filmprojekt „Toy Story„, der aus dem Ankauf eines Computertrickfilm-Studios des Star-Wars-Regisseurs George Lucas hervorgeht. Der bahnbrechende Film spielt in den USA 160 Millionen Dollar ein. Das 1986 gekaufte Studio entwickelt sich rasant zu einer enorm erfolgreichen Produktionsfirma und geht 1995 mit einem Wert von 1,5 Milliarden Dollar an die Börse. Die Pixar Animation Studioshaben mittlerweile legendären Ruf und gehören seit 2006 zum Disney-Imperium, dessen größter Einzelaktionär Jobs mit dem Ankauf von Pixar zugleich wurde. Das auf Computeranimationen spezialisierte Unternehmen ist maßgeblich verantwortlich dafür, dass sich der Zeichentrickfilm zum Animationsfilm entwickeln konnte.
Seinen Rauswurf und die notwendige Neuorientierung wird Steve später als glückliche Wendung des Schicksals beschreiben, die ihm erlaubt habe, unbeschwert und ohne Erwartungsdruck neue Wege zu gehen. Auch privat ist diese Zeit für ihn prägend: 1991 heiratet Steve seine zweite Frau Lauren Powell, mit der er drei gemeinsame Kinder, den Sohn Reed Paul und die Töchter Erin Siena und Eve, hat.
Der verlorene Sohn – Zurück bei Apple
1996 befindet sich der Apple-Konzern in einer derartigen Krise, dass das Unternehmen NeXT für rund 4 Millionen Dollar aufkauft und damit auch den verlorenen Sohn als Berater nach Hause holt. Es dauert nur zwei Jahre, bis dass das Unternehmen sich wieder auf seine Kernkompetenzen konzentriert hat, eine Produktpalette mit hervorragendem Design produziert und wieder attraktiv für Entwickler mit herausragenden Fähigkeiten ist.
Als 1998 der iMac in bunten und durchscheinenden Gehäusen auf den Markt kommt, ist Apple wieder voll im Geschäft. Dem Unternehmen und seinem Gründer gelingt es, mit der Produktion des iPod, der Entwicklung von iTunes, des iPhone und des iPad die eigene Erfolgsgeschichte fortzuschreiben. Stolz wird jeder Meilenstein der Unternehmensgeschichte von seinem seit 2001 auch nicht mehr nur „vorübergehenden“ Geschäftsführer unter frenetischem Beifall präsentiert.
Jobs trennte sein privates Leben nie von seiner Arbeit. Für ihn lief beides in einer Mission zusammen. Als er 2005 vor den Absolventen der Stanford University eine Rede hielt, betonte er, wie wichtig es sei, dass zu lieben, was man tue. Insbesondere da unsere Arbeit einen großen Teil unseres Lebens einnehme.
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Das erwartete er offenbar auch von seinen Angestellten bei Apple, die berichteten, dass sich in den Mittagspausen die Terrasse leerte, auf der gemeinsam gegessen wurde, sobald sich der Firmenchef näherte. Die bohrenden Fragen danach, woran sie gerade arbeiteten, hätten die Mitarbeiter nicht als Interesse, sondern vielmehr als Kontrolle empfunden. Einige berichteten außerdem er habe geschrien, sich unkontrolliert verhalten und nur schwer mit teils kränkender Kritik zurückhalten können. Mitarbeiter berichteten, dass er Leute wie Untergebene behandelte habe, wenn diese sich wie Untergebene verhielten. Wer ihm aber die Stirn geboten habe, der habe sich auch seinen Respekt erworben.
2004 gibt Jobs bekannt, dass er an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt sei. 2009 wird ihm eine Leber transplantiert. 2011 tritt er vom Amt des CEO des Apple-Konzerns zurück, bleibt aber Chef des Aufsichtsrats. Am 5. Oktober 2011 verstirbt er an seiner Krebserkrankung. Es bedeute ihm nicht, der reichste Mann auf dem Friedhof zu sein, hatte er dem Wall Street Journal schon 1995 gesagt. Wichtiger sei es, an etwas zu glauben, was einem die Freiheit gibt im Vertrauen auf eine schicksalhafte Fügung des großen Ganzen stets seinem Herzen folgen zu können.
Steve Jobs berühmteste Rede in Deutsch
Apples Neuheiten rocken den Markt weiter
Jobs hat ein legendäres Erbe hinterlassen, das immer auch mit seiner Person verbunden sein wird.
Seitdem das erste iPhone am 29. Juni 2007 über den Ladentisch ging, wurden mehr als 1,3 Milliarden iPhones der unterschiedlichen Typen verkauft. Zuletzt wurde das zehnjährige Jubiläum mit dem iPhone X gefeiert. Seit 2010 sind mehr als 360 Millionen iPads verkauft worden. Vom iPod, der 2001 eingeführt wurde, wurden insgesamt 2 Millionen Exemplare verkauft. 2018 kommen der Homepod, der modulare, leicht aufrüstbare MacPro und der Mini Mac, der 8K-Displays unterstützen wird, hinzu.
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Mit der Einführung des iMac wurde fast allen Produktnahmen ein „i“ vorangestellt, das für die englischen Worte „individual, instruct, inform, inspire“ stehen sollte. Aber neben einer Abkürzung für Begriffe wie „Individuum, Instruktion, Information und Inspiration“ kann das „i“ natürlich auch als „Ich“ verstanden. Da verwundert nicht, dass nach dem Tod des CEOs und Über-Ich des Apple-Konzerns die neuen Produkte unter der Leitung von Tim Cook nunmehr Apple TV oder Apple Watch genannt werden.
Das Unternehmen muss sich von seinem Gründer emanzipieren und eine davon auch unabhängige Identität entwickeln, will es die Erfolgsstory fortsetzen.
Jobs ist längst zu einem Kultstar, einem iCon, einer Stilikone geworden, die als kreativer Visionär, als Genie und Guru verehrt wird. Aber der Konzern verkauft modernes und zukunftsweisendes HighTech und verwaltet nicht bloß Reliquien wie ein Hausmeister, der aus den ausrangierten Jesuslatschen seines einstigen Chefs Profit schlägt.
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